2014_HIFI STARS: Phono Reference HD
Die Materialschlacht
Wenn Rolf Gemein von Symphonic Line ein neues Gerät ankündigt, darf man jedesmal gespannt sein. Denn in regelmäßigen Abständen neue Modelle auf den Markt zu werfen und sich dadurch entsprechende Publicity zu erhoffen, entspricht so ganz und gar nicht der Firmenpolitik der Duisburger High-End-Manufaktur.
Modellpflege bei Symphonic Line verläuft nämlich kontinuierlich und verbirgt sich oft sehr diskret hinter dem gewohnt soliden und hochwertigen Design der Frontplatte. Damit macht der Hersteller auch deutlich, daß die Produkte seines Hauses wirklich für viele, viele Jahre höchsten Musikgenusses ausgelegt sind und nicht schon morgen von einem im Outfit dem Zeitgeist
entsprechend nachjustierten Nachfolgemodell überholt werden.
Der Phonovorverstärker mit der Bezeichnung Phono Reference HD – im Spätherbst 2013 vorgestellt – ist
tatsächlich eine komplette Neuentwicklung. Jetzt steht er bei mir im Abhörraum, ein 17-Kilogramm-Schwergewicht mit der für die Geräte von Symphonic Line sozusagen schon obligaten zentimeterdicken massiven Frontplatte und den vergoldeten massiven Anschlüssenan der Rückseite. Durch die Lüft ungsgitter fällt mein Blick auf einen übergroßen Netztrafo. Analoge Wiedergabe war immer der Maßstab Bevor ich mich jedoch näher mit dem neuen Phono Reference HD beschäftige, interessiert mich, was Symphonic-Line-Chef Rolf Gemein dazu bewogen hat, eine neue analoge Wiedergabekomponente im oberen Preissegment zu entwickeln. Seine Antwort kommt sofort: „Analog war und ist immer der Maßstab für mich gewesen und ich bin ja auch allgemein als großer Analogfreund bekannt“, sagt er.
„Das ist der Grund, weshalb wir bereits seit etlichen Jahren das Laufwerk RG 6 bauen und gemeinsam mit van den Hul
den Tonabnehmer RG 8 Gold entwickelt haben. Wir beschäftigen uns jedoch ebenso mit Phonokabeln und nicht zuletzt habe ich stets dafür gesorgt, daß in unserer Produktlinie speziell die Vollverstärker – auch in den unteren Preisklassen – mit exzellenten Phonovorstufen ausgerüstet werden. Wer mich kennt, weiß, daß ich dann früher oder später den Wunsch habe, herauszufi nden, was passieren könnte, wenn wir alle Möglichkeiten ausreizen und uns mit einem extremen Aufwand und unserem gesamten verfügbaren Know-how an die Entwicklungsarbeit machen. Genau diese Aufgabe haben wir uns vor knapp
einem Jahr gestellt und das Ergebnis ist unser neuer Phonopre.“
Zwei Entwicklungswege
Der Symphonic-Line-Chef sieht grundsätzlich zwei verschiedene Wege bei der Entwicklung einer Phonostufe. Mit dem einen Weg kann man den Meßtechniker beglücken, indem man das Gerät vor allem möglichst rausch- und brummfrei macht. Genau das führt aber auch zu Einschränkungen im Übertragungsbereich.
Da kappt man eben nach oben und nach unten zu etwas früher und arbeitet auch noch mit einigen anderen Tricks. Beim zweiten Weg – und dieser entspricht auch der Philosophie des Duisburger Herstellers – wird die Phonostufe so weit aufgemacht, wie es eben geht. Rolf Gemein: „Dann ist das zwar etwas anfälliger, aber ich habe einen ganz entscheidenden Bereich mit drinnen. Denn wenn ich mit dem Frequenzgang ganz nach unten gehe – soweit man es noch irgendwie verantworten kann, also fast bis zum Kurzschluß – und das alles überträgt, dann bekomme ich auch den Subton herein
und der ist ganz entscheidend für die Räumlichkeit und die akustische Wellenfront. Natürlich, wenn es sich um ein Plattenspielerlaufwerk geringer Qualität handelt, der Aufstellungsort nicht gut gewählt ist und die Schallplatte auch noch Subtonfrequenz enthält, kann es schon Probleme geben. Aber es ist unser Ziel, das Maximum der auf einer Schallplatte befi-ndlichen Informationen herunterzuholen.“
Immerhin sind auf einer guten Schallplatte Informationen bis 50.000 Hertz enthalten. „Wir erleben immer wieder Überraschungen, wenn sich die Technik weiterentwickelt und wir noch mehr aus der Rille holen können, als wir bisher dachten. Ich nenne das musikalische Archäologie“, so Gemein. „Ganz unerwartet sind Dinge da, von deren Vorhandensein wir nichts geahnt hatten. Denken Sie nur an eine Liveaufnahme, die Sie genau zu kennen glaubten, und da hören Sie plötzlich
jemand aus den hinteren Reihen etwas rufen und zugleich auch weiter vorne im Publikum ein Geräusch – beides war vorher im Rauschen untergegangen.“
Bauteile vom Feinsten
Zurück zum Phono Reference HD. Der ist 45 Zentimeter breit, 39 Zentimeter tief sowie 11 Zentimeter hoch und wahlweise in Schwarz oder Mattsilber erhältlich. Recht beachtliche Maße für einen Phonopre, doch entspricht es dem Verständnis der Duisburger Manufaktur, erst einmal mechanisch große Ruhe und Stabilität zu erzielen.
Beachtlich auch die extrem großzügige Auslegung der Stromversorgung. Der mittels Mu-Metall gekapselte 300-VA-Ringkerntrafo besitzt einen speziell bearbeiteten Kern, ist vakuumgetränkt und -vergossen – das Ziel ist, eine sehr hohe Stromlieferfähigkeit sicherzustellen. Diese würde sogar ausgewachsenen Vollverstärkern der Oberklasse ausreichen. Im
Netzteil werken vier speziell für Symphonic Line angefertigte Elektronenübertragenden mit zusammen 280.000 μF, besonders niedrigem Innenwiderstand und Mehrfachkontaktierung, die sich wegen ihrer gleichmäßigen Energieabgabe für Audioanforderungen ganz besonders eignen. Aber das ist noch nicht alles. Besonders stolz ist man bei Symphonic Line auf das eigens für diese neue Phonostufe angefertigte Referenzkabel mit einer Dielektrizitätskonstante von etwas über 1,1
– also noch deutlich besser als Teflon. Steckmodule und Platinenmaterial sind doppelseitig kaschiert und massiv hoch aufgekupfert, teils sogar vergoldet. Der neue Reference HD ist zweistufig diskret aufgebaut, mit sehr kurzen Wegen und zudem schwingungsoptimiert. In der ersten Stufe – einem Differenzverstärker mit speziellen Audio-Transistoren hoher Linearität –
erfolgt die Umschaltung zwischen MM und MC. Die zweite Stufe beinhaltet die Entzerrung und hier kommt auch ein völlig neues, diskret als Modul aufgebautes IC zum Einsatz. „Es handelt sich dabei um ein sündhaft teures IC, das analog aufgebaut ist und einen noch natürlicheren Klang bewirkt. Ich habe auf dieses Bauteil schon lange gewartet und wir bauen es jetzt in unsere
Phonovorstufe ein.“
Resonanzmusterabstimmung und C 37-Lack
An jedem Gerät wird – bei Symphonic Line inzwischen „Serienstandard“ – eine Resonanzmusterabstimmung vorgenommen. „Wir achten darauf, keine Resonanzen entstehen zu lassen, die wichtige Bauteile gegenseitig beeinflussen könnten und schaffen die Voraussetzungen, um eventuell auftretende Schwingungen direkt zum Boden ableiten zu können“, so Gemein. Vor der Auslieferung wird jedes Gerät vom Firmenchef höchstpersönlich abgenommen. Nach einer weiteren Feinabstimmung
mit dem Geigenlack C 37 geht’s ans Abhören – Spielpartner sind das bereits erwähnte Masselaufwerk RG 6, ein modifizierter Ekos-Tonarm in der Titan- Version mit eigener Phono-Reference-Verkabelung und der hauseigene Tonabnehmer RG 8 Gold.
Anschließen, Einstellen
Bevor ich das gute Stück in meine Anlage integriere, mache ich mich mit den Einstellmöglichkeiten und den Anschlüssen vertraut. Auf der Rückseite finden sich Eingänge für zwei Tonabnehmer – jeweils per Kippschalter zu aktivieren – und ein Ausgang. Die Anschlüsse sind als unsymmetrische RCA/Cinch-Buchsen ausgeführt – in bester WBT-Qualität. Dazu noch die
obligate Masseklemme sowie die Anschlußbuchse für das mitgelieferte hochwertige Netzkabel und der bei Betrieb beleuchtete Ein-/Ausschalter. Die Einstellmöglichkeiten zur Anpassung der angeschlossenen Tonabnehmer befinden sich im Geräteinneren. Dazu löse ich die vier Schrauben an der Unterseite und schiebe das Gehäuse ganz leicht nach hinten weg. Auf den Phonomodulen in unmittelbarer Nähe der rückseitigen Eingänge etwas versteckt jeweils links unten. In der rechten oberen
Ecke jedes Phonomoduls befindet sich ein Mäuseklavier mit den Einstellungen für den gewünschten elektrischen Widerstand und die Kapazität. Laut Rolf Gemein werden die Anpassungsmöglichkeiten jedes Gerätes individuell entsprechend den Anforderungen des Käufers fixiert.
Ab jetzt geht’s nur mehr um Musik
Puh – soviel Technik! Von nun an will ich aber nur Musik hören. Der Plattenteller des am Symphonic Line Phono Reference HD angeschlossenen Well Tempered Lab rotiert, der Diamant des London Reference-Tonabnehmers senkt sich in die Einlaufrille. Nun, eigentlich wollte ich in diese LP mit der Symphonie Nr.6 von Gustav Mahler und dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Rafael Kubelik (DGG 139342) nur bloß hineinhören. Wollte eben nur herausfinden, wie die Atmosphäre dieser von Tonmeister Heinz Wildhagen exzellent eingefangenen Aufnahme wiedergegeben wird. Was soll ich sagen? Ich war nicht imstande, die Wiedergabe abzubrechen und habe die gesamte Symphonie – immerhin dauert sie rund 85 Minuten – in einem Zug durchgespielt, unterbrochen nur vom zweimaligen Wechsel der Plattenseite. Ich habe Mahlers 6.
Symphonie nur ein einziges Mal live im Konzert erlebt und mir damals gleich diese LP gekauft , um noch ein wenig von den berührenden Emotionen der Aufführung quasi nach Hause mitnehmen zu können. Es hat aber die ganzen Jahre über nie so richtig funktioniert – bis heute, bis zur Wiedergabe über mein Testgerät.
LP um LP wandert auf den Plattenteller. Darunter auch die 180-Gramm-Pressung einer Frank-Sinatra-Aufnahme aus dem Jahre 1958. „Come fl y with me“ ist der Titel dieser LP (Capitol 7243-821573) und der US-Star wird darauf begleitet von den phantastischen Musikern der renommierten Orchester Billy May und Nelson Riddle. Wohlgemerkt – es ist eine Monoaufnahme, aber das nehme ich gar nicht richtig wahr, denn „Frankieboy“ dominiert swingend meinen Abhöraum, als ob er selbst zu Besuch wäre.
Auf keinen Fall vorenthalten darf ich Ihnen meine Eindrücke von der Wiedergabe weiblicher Gesangsstimmen. Da gibt es etwa in meiner Plattensammlung schon viele, viele Jahre eine LP mit einer Aufnahme von Anna Moffo. Begleitet von Leopold
Stokowski und dem American Symphony Orchestra interpretiert die herausragende italienische Künstlerin die „Vocalise“ von Sergei Rachmaninov (RCA/Victor LSC-2795). Die technische Qualität der Pressung läßt zwar zu wünschen übrig, aber der Phonopre arbeitet die wunderbare Stimme der Moffo und die Orchesterbegleitung so schön heraus wie ich das nie zuvor gehört habe. Erstmals lassen sich auch die Dimensionen des Aufnahmeraums erahnen.
Musikalischer Fluß
Es ist nicht das erste Mal, daß ich ein Gerät des Duisburger Herstellers beschreibe. Schon vor etlichen Jahren ist es mir immer wieder aufgefallen: Musik wirkt über diese Geräte niemals belanglos, sondern vermag den Zuhörer wie selbstverständlich mitzunehmen. Das hat sicher damit zu tun, daß Stimmen und Instrumente ungemein greifbar und plastisch in den Raum gestellt werden. Es liegt aber auch am musikalischen Fluß, in den man als Zuhörer buchstäblich eintauchen kann. Ich habe die neue Phonostufe in meinen Hörsitzungen mit hochwertigen Spielpartnern kombiniert – darunter beispielsweise der Clearaudio Performance DC mit Clearaudio Virtuoso V2 und der bereits erwähnte Well Tempered Lab mit London Reference.
Für mich steht fest: Die den Geräten aus dem Hause Symphonic Line zugesprochenen Attribute gelten in noch weit stärkerem
Maß für den neuen Phono Reference HD.
Hinter dessen solider und wertiger Gerätefront hat High-End-Pionier Rolf Gemein nach einem wohldurchdachten Konzept eingebaut, was gut und teuer ist. Eine wahre Materialschlacht, die nur einem einzigen Ziel dient: Die Musikwiedergabe von der
analogen LP wieder einen großen Schritt voranzubringen. Dies, so scheint mir, ist ihm gelungen.
Auf den Punkt gebracht
Symphonic-Line-Chef Rolf Gemein wollte herausfinden, was passiert, wenn man alle technischen Möglichkeiten ausreizt und mit extremem Aufwand und dem gesamten verfügbaren Knowhow eine Phonovorstufe entwickelt. Das Ergebnis ist der neue Phono Reference HD, der die Qualität der Wiedergabe von der analogen LP wieder einen großen Schritt weitergebracht hat.
Gemessen an den eingesetzten hochwertigen Bauteilen, der vorbildlichen Verarbeitung und dem Qualitätsanspruch, das Maximum aus der Plattenrille herauszuholen, liegt das Preis-/ Leistungsverhältnis im grünen Bereich.
Tolle Leistung! Harald Obst